HISTORY |DIE ANFÄNGE|


In diesem Kapitel soll die Geschichte von Anstoss nachgezeichnet werden. Von den Anfängen 1987 bis zu Anstoss


DIE ANFÄNGE...

[Die Geburtsstunde] [Erste Vermarktungsversuche] [Die Sylvesterfeier]

Ein schummriger Raum: Die etwa 20 Teinehmer des Grundkurses Informatik am Deutschordengymnasium in Bad Mergentheim lauschen mehr oder weniger gebannt den Worten ihres Lehrers.

Einige Mädels aus den ersten Reihen beteiligen sich lebhaft am Unterricht. Dirk Reichert und Gerald Köhler, damals wie heute Anhänger des VfB Stuttgart, sind kurz vorm Einschlafen. Der Stoff ist einfach zu öde...wie man einen Computer einschaltet, wussten Sie schon.

Rechts von Ihnen wird Davids Midnight Magic gespielt, ein brillianter Flipper, den sicher nur noch die Älteren unter Euch kennen.

Das Tippen des nächsten Bundesligaspieltages war traditionell der Erdkundestunde vorbehalten, die erfahrungsgemäß noch öder ist. Aus irgendeinem Grund oder schierer Langeweile beschlossen Sie, ein kleines Programm zu schreiben und den Computer (einen C64) das Ergebnis des Nachholspieles zwischen Blau-Weiß 90 Berlin und dem VfB Stuttgart prognostizieren zu lassen. Da die Variablennamen "bw$" und "vf§" noch Jahre später im Programm auftauchten, gerät dieser Sachverhalt auch nie in Vergessenheit.

Blau-Weiß 90 spielte außerdem nur für genau eine Saison in der ersten Liga. Daher lässt sich die Geburtsstunde von Anstoss präzise bestimmen. Es war irgendwann zwischen 11:20 und 12:05 Uhr, am 20.03.1987

In Windeseile sind die allerersten Zeilen in den Rechner getippt. 100%ig sind sie nicht überliefert, aber das Programm dürfte laut Gerald ziemlich genau so ausgesehen haben:

Programmzeile (+Kommentar)


10 FOR t=1 TO 90

(Die folgende Schleife wird in jeder Spielminute einmal durchlaufen)


20 a=INT(50*RND(1))

(Eine Zufallszahl zwischen 0 und 49 für die Heimmannschaft wird ermittelt)


30 b=INT(50*RND(1))

(Eine Zufallszahl zwischen 0 und 49 für die Gäste wird ermittelt)


40 IF a=0 THEN bw=bw+1

(Etwa in jeder 50.Minute soll ein Tor für die Gastgeber fallen)


50 IF b=0 THEN vf=vf+1

(Etwa in jeder 50.Minute soll ein Tor für die Gäste fallen)


60 PRINT "Blau-Weiß 90 Berlin - VfB Stuttgart "+STR$(bw)+":"+STR$(vf)

(Das aktuelle Ergebnis soll ausgegeben werden)


70 NEXT t

(Und wieder von vorne, bis die 90.Minute um ist)


Das Ergebnis des ersten Programmdurchlaufs weiß leider niemand mehr, lediglich das korrekte Resultat (0:2) wurde Geralds Erinnerung nach nicht ermittelt. Vermutlich waren Sie mit dem ersten Ergebnis nicht zufrieden und haben es mehrmals versucht. Jedenfalls war es unheimlich lustig, was der Computer so alles ausspuckte.

In den Folgewochen entwickelte sich Ihre "Fussball-Simulation" prächtig. Erst wurde das Ergebnis in einer Zeile ausgegeben (CLS flackerte). Dann wurden kurze Pausen zwischen den einzelnen Minuten eingebaut, um die Spannung zu erhöhen. Im nächsten Schritt erzeugten Sie eine kleine Liga mit vier Vereinen, die zunächst jeder gegen jeden auf die beschriebene Weise antraten und ihren Meister ermittelten. Beteiligt waren der Vfb Stuttgart, der Hamburger SV, Eintracht Frankfurt und Bayern München. Von Borussia Dortmund redete damals noch keiner.

Dann legten Sie ein Feld mit dem Namen von fünf Stürmern an, von denen zufällig jeweils einer als Torschütze ausgegeben wurde. Ein entscheidender Schritt, denn man konnte bereits wunderbar Spieler einsetzten, die in der Realität nur auf der Bank saßen, und schauen, wie diese sich wohl bewähren würden.

Das Programm war noch nicht besonders groß, doch die Grenzen des C64 waren schnell absehbar. Zum Glück begann damals jedoch die Zeit der sich immer mehr durchsetzenden 16-Bit Computer, die den Spielemarkt in den nächsten Jahren beherrschen sollten. Der Amiga und der Atari ST waren erschwinglich geworden und vervielfachten den zur Verfügung stehenden Speicherplatz. Und mit diesen Computern verließ "Kicker", das Programm hatte mittlerweile auch einen Namen erhalten, den Computerraum des Gymnasiums. Dieser verfügte natürlich noch nicht über eine solch moderne Ausstattung.

Mittels GFA Basic ging es dann ans Werk. Selten waren 149 DM für ein Computerprogramm so gut angelegt. Und mit jeder erweiterten Version machte das Programmieren mehr Spaß. So wuchs "Kicker" immer weiter. Zuerst wurden 12 Mannschaften verwaltet, dann endlich 18, schließlich sogar mit dem kompletten Spielerkader, aus dem man seine elf Spieler auswählen konnte. Sogar das Auswechseln funktionierte schon, auch wenn es noch keinen Transfermarkt oder gar ein ausbaubares Stadion gab. Dafür begannen die Statistiken zu gedeihen, denn was lag näher, als in einem freien Stündchen mal eben eine kleine Statistik zu programmieren, wenn die Zeit für größere Arbeiten zu knapp war!



Erste Vermarktungsversuche

[Die Geburtsstunde] [Die Sylvesterfeier]

Die nächsten Schritte, die zum Teil auch während langweiliger Dienststunden bei der Bundeswehr gemacht wurden, bestanden darin, dem Programm einen Editor zu spendieren und Wechsel zwischen den Vereinen zuzulassen. Nun war das Programm so weit, dass man es auch wirklich unter die Leute bringen konnte.

Nachdem die ersten funktionsfähige Version von "Kicker" existierte, entschloss sich Gerald zur Vermarktung des Spiels über Kleinanzeigen in einer großen Zeitschrift für den Atari. Das Ergebnis war finanziell ernüchternd. Trotz mehrerer Anzeigen fanden sich in den drei Jahren gerade einmal 128 Kunden, die bereit waren, den Preis von damals 49 DM zu bezahlen. Das reichte gerade aus, um die durch das Wachsen des Programms nötige Hardware zu bezahlen; eine 30-BM-Festplatte, Speichererweiterung auf 2MB und schließlich auf 4MB (für das Comilieren) und einen SM-144, den 14-Zoll-Bildschirm von Atari.

Aber diese 128 Kunden hatten es in sich, denn sie waren so etwas wie der "harte Kern" der ST-Fussballmanagerfans, da ein normaler Spieler wegen einer solchen Kleinanzeige sicher keine 49 DM investiert hätte. Mit über 60% dieser Leute kam so auch ein mehr oder weniger intensiver Briefwechsel zustande, bei dem diese ihre wünsche für weitere Versionen äußerten und mit konstruktiver Kritik nicht sparten.

Es gab aber auch Lob, und dadurch ermutigt, versuchte Gerald, das Programm bei einer größeren Softwarefirma unterzubringen. Nach einigen gescheiterten Versuchen (die Jungs werden sich heute so ärgern!), gab er allerdings wieder auf. Dafür entschloss er sich, zunächst einmal den großen Schritt zu wagen und das Programm mehrspielertauglich zu machen. Insgesamt sollte es fast ein halbes Jahr dauern, bis das Spiel nach allen hierfür notwendigen Umstellungen endlich wieder lief. Man benötigte nun allerdings bereits volle 2MB Ram, wenn man noch in den Genuss des Spiels kommen wollte.



Die Sylvesterfeier

[Die Geburtsstunde] [Erste Vermarktungsversuche]

Die Sylvesterfeier von 1991 auf 1992 ist ein wichtigesDatum in der Entwicklungsgeschichte von "Kicker". In dieser Nacht wurde der erste Test mit der Mehrspielerversion durchgeführt, nachdem er über die Weihnachtstage fleißig programmiert hatte. Der Abend entwickelte sich zu einem Desaster. Sie spielten mit vier Spielern, doch die Version erwies sich leider noch als äußerst absturzträchtig. Alle drei Spieltage war es wieder soweit. Die Anfangseuphorie verschwand nach und nach, denn die Fehlerbehebung zwischendrin kostete Zeit. Außerdem dauerte das Laden eines Spielstandes zu diesem Zeitpunkt mehr als vier Minuten, das Speichern sogar noch erheblich länger. Es musste dabei interpretiert gespielt werden, um die auftretenden Fehler besser nachvollziehen zu können.

Am Ende des Abends verabschiedete sich dann der Spielstand endgültig und war auch mit viel gutem Zureden nicht mehr zu restaurieren. Bedient verzogen Sie sich in die Betten bzw in die Schlafsäcke.

Etwa einen Monat später konnte man dann von einer wirklichen spielbaren Version sprechen. Nachdem er seine 128 Kunden angeschrieben hatte, verkaufte Gerald zum Preis von 30 DM immerhin gut 30 Updates. Die meisten ST-Besitzer hatten einfach keine 2MByte.





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